40. Vogalonga in Venedig

Pfingstsonntag 2014 in der Lagune, über 2100 Boote mit mehr als 8000 Ruderern und Paddlern bewegen das Wasser und das Gemüt.
Der COC vom Chiemsee ist mit dem V4 VAHINE MOTU zum dritten Mal dabei.
Hier gibts die Planungsunterlagen samt Karte und track zum downoad: Vogalonga_2014

Samstag, 7. Juni

6 Uhr Morgens, es geht los. Das riesige gelbe 4er Outrigger auf dem winzigen roten Toyota Yaris Dach und Robert, Claudia und ich (Andreas) sind mit an Bord. Wunderbar, tolles Wetter begleitet uns und die Straßen sind frei, ganz im Gegensatz zu den Durchsagen im Radio …… Stau vor, am und nach dem Brenner. Wir nehmen den – der Name ist Programm – Felbertauern-Pass ;-) …. und haben die Straße für uns allein, was für ein Glück, nicht mal vor dem Tunnel gibt es eine Wartezeit.

Wunderbare Passstraßen, auch die durch das Sextener Tal vorbei an den Drei Zinnen ist wunderbar und uns bisher vollkommen unbekannt. Gute Musik, schöne Landschaften und ein bisschen fachsimpeln über das Outriggerpaddeln ….. das ist eine gelungene Einstimmung auf das bevorstehende Event. Die letzten Kilometer fällt Roberts Navigationsgerät aus und mein Handy hat irgendwie die Auslandslizenz für die Navigation vergessen, so geht es per Roberts Beschreibung nach der Handykarte der Route hinterher ….. und wir kommen an, ganz ohne uns zu verfahren, geht doch …. ganz ohne Computerstimme.

So, wo sind die Hamburger, unsere drei Mädels die ja schon wesentlich mehr Outriggererfahrung haben wie wir. Es dauert nicht lange, es ist bereit 13 Uhr und Jenny ruft an: Wir sind noch im Stau vor dem Brenner ….. und sind erst gegen 17 Uhr oder sogar erst später in Venedig. Oh das schaffen die niemals, nicht wenn das Vogalonga-Büro um 18 Uhr zu macht. Ausgemacht war, dass sie die Nummern gleich abholen und anschließend zum Campingplatz kommen. Na, dann schnell umdisponiert. Gut, dass ich die Unterlagen für die Abholung der Startnummer nochmals ausgedruckt hatte. …..

Soweit so gut, aber was steht da: You can collect the bib and promotional material at the enrolment office friday 6th and saturday 7th june from 9am to 6pm. Enrolment office location: http://www.vogalonga.com/?page_id=646 Ich drücke mit meinem Finger auf den Link der da auf dem ausgedruckten Papier steht, blöd sowas eigentlich, dass das noch nicht geht. Tja was für ein Pech, aber egal, wir fahren einfach mit der Fähre rüber, die Vogalonga kennt doch jeder und wir müssen uns nur durchfragen.

Angekommen, nach den ersten 5 Frageversuchen gebe ich es langsam auf. Hier weiss keiner Bescheid und die Kellner haben keine Lust, die wollen nur verkaufen. Also ab zur Touristinfo, die müssen doch Bescheid wissen. Super noch offen und wir kommen gleich dran, aber was ist das für eine Erklärung: ja klar, kennt sie, wir müssen diese Nummer anrufen und uns anmelden, sonst ist dort keiner da …. ??? Ich bin irgendwie perplex; Das kann doch nicht sein. Ich frage nach einer Adresse. Wie, die Adresse hilft uns nicht, wir müssen sowieso vorher anrufen, sonst macht keiner auf. Aber gut, die Dame schreibt mir die Adresse auf, es ist direkt über einem kleinen Süßigkeitengeschäft, sagt sie. Das alles hört sich sehr dubios an und wir vermuten schon eine italienische Vetternwirtschaft zwischen der Turistinformantin und ihrer Schwester, die einen Süßigkeitenladen besitzt. Ok, warum eigentlich nicht gleich … ich schreibe Jenny eine SMS und frage nach der Adresse ….. prompt kommt diese auch als Antwort. Gott sei Dank, jetzt wissen wir wohin, endlich. Jetzt kann nichts mehr schief gehen. Rein ins Navi und los. Super gar nicht weit, gleich neben der Rialtobrücke soll es sein.

… Angekommen, aber was ist das, die Nummer gibt es hier, wohin das Navi zeigt gar nicht, hier sind die Nummer um ca. 300 größer. ….. wir verzweifeln. Gut, weitersuchen, die Nebenstraßen absuchen …… Es soll hier irgendwo einen alten Fischermarkt geben ….. weit und breit kein Fischermarkt und die Hausnummern, nicht annähernd in jenem richtigen Bereich. OK, wir fragen nochmal. Es ist 17 Uhr, die Zeit läuft. Und wir haben noch keine heisse Spur. …. ja, wirklich ….. ich glaube es kaum, der Herr in diesem Laden kennt die Vogalonga …. ja und sogar, wo die Anmeldung sein soll. Super gleich rüber über die Brücke und dann rechts, dann kommt es gleich. Wir springen los, Claudia bleibt an einer kleinen schönen Anlegerstelle zurück und lässt mich und Robert weiter suchen. Weiter, weiter, weiter, bestimmt waren es noch 200 Meter bis zum Fischmarkt. Hier muss es richtig sein, es gibt Boote und es riecht nach Fisch. Wir suchen die Nummer 342. Ah hier: 339 … 340 … 341 … 343 ….. Was! Das gibt es doch nicht. Ah hier 342a …. Aber hier ist doch gar nichts. Das gibt es doch nicht, wo ist denn diese verflixte Hausnummer 342 ohne a. Rund um den ganzen Fischermarkt herum lauter Häuser aber die richtige Nummer ist nicht dabei.

Daaaaa schreit Robert 342 mitten auf dem Platz, die Treppe ist es, die nach oben führt. Das da oben, das ist das Haus mit der Hausnummer und hier steht auch “iscrizioni per la 40° Vogalonga”. Endlich wir sind da, es ist 17:30, wir haben es geschafft, gerade noch. Oben im 4 Stock angekommen auf dem Balkon stehen schon einige Leute Schlange. Wir bekommen ohne großes Ausweisen unsere Tasche mit allem Notwendigen. Tja leider sind alle T-Shirts schon weg. Ja wir sind auch sehr spät dran, sagt die nette Dame, aber wenn wir wollen, gibt es noch T-Shirts vom letzten Jahr. Super, nehmen wir 4x XXXL. …. und jetzt noch die letzten Minuten auf der Insel zur Ruhe kommen und geniessen. Wir haben ja alles jetzt.

Zurück am Campingplatz sind die Hamburgerinnen auch bereits angekommen ….. erschöpft und übermüdet nach jetzt fast 24 Stunden im Auto. Heute ist nicht mehr viel los. Wir sehen uns noch die fliegenden Fackellaternen an, die von einer kleinen Gruppe Italiener am Ufer angezündet werden. Wie diese seltsamen Flugobjekte in der Dunkelheit aufs Meer hinaus steigen sieht wunderbar aus, wie aus einem verträumten Liebesfilm, aber nicht kitschig. Ein aufregender Tag war das.

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Sonntag, 8. Juni

In Ruhe aufstehen, langsam fertig machen und mit einem ausgiebigen Frühstück in den Tag starten ……. tja, wäre schön gewesen. Ab 5 Uhr war auf dem Campingplatz die Hölle los, alle Paddler richteten aufgeregt alles her und machten sich bereits Aufbruch fertig. Gerade so, dass ich noch ein Brot essen konnte, da ging es schon los …. Das Kanu rüber zur Marina, dem kleinen Hafen, die einzige Stelle, an der man die Boote ins Wasser lassen konnte. Und da standen schon alle Schlange. Alles rübergeschleppt, Sonnencreme, Wasser, was zu Essen für den Tag, hoffentlich nichts vergessen ….

Ahhh eine Lücke, wir können ins Wasser … und schon gehts los. Ja wir sind zu 6. im 4er Kanu. Claudia&Claudia, unsere Passagiere, nehmen wir (Jenny, Andreas, Rebecca und Robert) mit auf die Insel nach Venedig. Die fast 8 Kilometer bis zum Startpunkt und kurz vorher zu dem Punkt wo wir die beiden aussteigen lassen, hängt das Kanu verdächtig tief im Wasser. Und wir haben Glück, dass die Personenfähren, die hier unterwegs sind, immer schön abbremsen, damit die Wellen nicht zu hoch werden. Aber das alles hilft dann doch nichts, als wir in den Hauptkanal einfahren, den auch die Schiffe benutzen, die aussehen wie schwimmende Stadte. 20 Stockwerke mindestens und bestimmt 4 Swimmingpools haben die. Schwapp und wir haben eine Ladung Wasser in unserem Boot und Claudia und Rebeca auf ihren Kleidungen.

So die Spannung steigt, beim Ausladen der beiden Claudias sehen wir den ersten 6er Outrigger des Venediger Outrigger Canoe Club. Schön dieses rosarote Kanu. Wir brechen auf in die Unmenge an Booten hinein und lassen uns treiben. Startlinie, nein sowas gibt es hier nicht, keine Ahnung, wo der Start überhaupt genau sein soll. Wo man hinsieht: Boote, Boote, Boote.

KNALLLLL!!!! Es geht los. Langsam bewegt sich der Koloss und wir sind mitten drin. Whow man weiss gar nicht wohin man schauen soll. Über 2300 Boote und weit über 8000 gemeldete Ruderer und Paddler. Ein gigantisches Durcheinander. Drachenboote mit allen möglichen Verzierungen, sogar die PaddlerInnen sind verziert. Es gibt kräftige dänische Ruderer und auch betrunken wirkende, Fahnen schwenkende Italiener, die aussehen, als ob sie jede Sekunde kentern werden. Ruderboote in sämtlichen vorstellbaren Längen und natürlich die Gondolieries sind unterwegs. Die Gondeln, das sind die Großen unter den Booten. Im Stehen rudern 2er, 3er, 4er, ….. und auch 20er Mannschaften, in einer Geschwindigkeit, die wir mit unserem Outrigger wohl nie erreichen werden. Unglaublich.

Ja Outrigger sieht man auch vereinzelt. Aber wenn man alle gesichteten zusammenzählt, kommt man höchstens auf eine Hand voll. Ja wir sind Exoten hier. Das merken wir. Es geht durch die offene Lagune, an Inseln vorbei. An Ufern, von denen aus mit italienischer Disko-Reggae-Musik die ganze Wasserfläche beschallt wird, feiern wir mit. Wir machen schließlich vor der nächsten großen Überquerung Rast auf einer kleinen flachen Insel, in der man sich leider NICHT hinter einem Baum verstecken kann. Egal, das macht hier irgendwie jeder ….. ein paar Meter rein in die Insel und …… Da geht es auch schon weiter. Jetzt nochmal raus in die offene Lagune …… und dann ja, dann ist Baden angesagt, das tut gut, macht aber fast keiner, egal, ich geniese es trotzdem, warum auch nicht wir sind doch weit genug von Venedig weg ;-)

Der nächste Halt, naja eigentlich nicht Halt, sondern eher lockere Fahrt mit was zum Schauen, ist die Durchfahrt des Kanals durch die Insel Murano. Schön, wie die Zuschauer uns von der Brücke bejubeln. Ein Vorgeschmack auf den Canal Grande, auf den es jetzt langsam zugeht. Wir überqueren das letzte offene Stück der Strecke und sehen schon den Stau vor der Einmündung in den Canale di Cannaregio, die engste Stelle der Strecke überhaupt. Wir stehen direkt vor Venedig im Stau.

Alle Boote warten. Robert klappt seinen Regenbogensonnenschirm auf. Die Polizisten finden es toll, alle anderen auch, obwohl die meisten eben keinen Sonnenschirm haben. Es ist Mittagshitze und wie wir später erfahren, dürfte nicht viel gefehlt haben zu den 39°C, die wir in den nächsten Tagen im Auto gemessen haben. Es ist ca. 13 Uhr nachmittags. Langsam lassen wir uns durch den kleinen engen Kanal schieben. Paddeln ist verboten, das kontrollieren die Posten auf den Ufern. Ja es gibt auch Polizisten im Wasser. Neonorange Neoprenanzüge und Helme haben sie an. Sie entkeilen und lenken fehlgeleitete Boote wieder in die richtige Richtung. Ganz schön Mutig. Ja mutig muss man auch sein, wenn man sich hier zwischen 20-Mann-Drachenbooten 10-Mann-Ruderbooten oder 20-Mann-Gondeln als kleiner Kayakfahrer verirrt hat. Ein bisschen Erbarmen hatten wir deswegen mit einem älteren französischen Paddelkollegen, der sich zwischen unseren Ausleger und unser Kanu mit seinem kleinen Faltboot bei uns verschanzt hat. Jetzt ist er sicher …. fast, denn zufällig hat unserer Campingnachbar, der coole eskimorollende Kayak-Profi aus der Schweiz den gleichen Platz bei uns entdeckt. Er verkündet uns lautstark, wie er jetzt gleich das Outrigger-Spiel machen würde …… Naja, soweit ist es dann doch nicht gekommen und es ist nur bei den coolen Sprüchen geblieben. Umso besser, dass unser französischer Freund nichts verstanden hat.

Durch die nächste kleine Brücke noch durch, dann haben wir es geschafft, dann sind wir auf dem Canal Grande …. und es geht wieder paddelnd zügig weiter. Was für eine Atmosphäre, diese außergewöhnliche Stille. Naja nicht wirklich still, aber ich nenne es trotzdem Stille, da man eben überhaupt keine Motorgeräusche hört. Das ist in Venedig etwas ganz besonderes. Da muss man genau hinhören, wenn man diese besondere Stille wahrnehmen möchte. Für andere war es laut wie immer, für mich etwas außergewöhnlich Interessantes.

Schön, da hören wir auch schon Claudia rufen, da oben sind die beiden ja wir schreien jetzt auch. Super, da sind wir. Da sind sie. Ich mache Fotos wie sie von uns Fotos macht und umgekehrt. Toll, so muss das sein. Das war jetzt auch die letzte Brücke vor dem Markusplatz, also dem Startpunkt der Vogalonga. Jetzt heisst es, genau zielen und nicht die kleine schwimmende Insel verpassen, um unsere Urkunden und Medaillien abzuholen. Aber Jenny steuert wie immer perfekt. Wenige Meter entfernt werfen die Mitarbeiter uns die Plastiktüte mit dem wertvollen Inhalt zu. Wir haben es schließlich doch geschafft: 30 km plus die 8 km Anfahrt und wir sind eigentlich noch nicht mit den Kräften ganz am Ende. Gut so, denn wir müssen ja noch die Überquerung zurück zum Campingplatz hinter uns bringen.

Das machen wir dann auch, nach einer kurzen Pause. Die Wellen werden schlagartig wieder bis zu einem Meter hoch, als wir das Fahrwasser der großen Schiffe erreichen. Wir kämpfen uns durch noch 7 km …. noch 5 km ….. wir sehen die ersten Anzeichen des nahenden Campingplatzes schon …. noch 2 km ….. wo war das gleich nochmal links, rechts, …. ach einfach den anderen Booten nach. hier gehts rein zur Marina. Wir haben es geschafft, ca. 42km sagt uns das GPS, nicht schlecht für uns vier, fast untrainierte Paddler.

Kaum haben wir das Kanu aus dem Wasser, schon sind Claudia&Claudia auch schon angekommen. Super Timing.

Aufräumen, Ankommen, Duschen …… den Tag ausklingen lassen, mit einem guten Bier oder einem italienischen Wein. Schön, dass wir dabei waren bei der 40. Vogalonga DER Demonstration gegen die überhandgenommene Menge an Motorbooten in Venedig.